Mooreiche und Silber – Mühles Rasierpinsel-Edition No. 3 ist da

26. Oktober 2016, Stützengrün-Hundshübel. Ich mag schon diesen Ortsnamen – er klingt so ländlich, so regional, so klein, dass er nur dem Fachmann, dem Fan, dem ‚Afficionado‘ bekannt sein kann – in diesem Fall dem ‚Nassrasur-Afficionado‘. Glücklicherweise gibt es davon wieder mehr, die Zeit der absoluten Dominanz von elektrischen Braun- und Philipps-Rasierer ist vorbei. Denn der Rasierpinsel ist wieder da – und Christian und Andreas Müller sind die Köpfe hinter dem nassrasierten Kinn des Europäers. 75 Prozent Marktanteil – unter anderem mit Silberspitz-Dachszupf oder der veganen Faser Silvertip Fibre. Und nun auch in Kombination von Mooreiche und Silber: die „Edition No. 3“ des Luxus-Nassrasier-Sets aus dem Hause MÜHLE ist da.

Die Edition kommt im weiß-hochglanzlackierten Kasten daher. Klappt man ihn auf, gebührt die erste Etage dem Pinsel. Da ruht er. Allein. In einen grauen Schaumstoff eingefasst. Das Mühle-Logo wacht über ihn – in der Mitte des Deckels, außen und innen. Man kann seufzen bei dieser schlichten Opulenz.

Darunter, in der zweiten Etage, ruht – genauso gefasst – der Rasierer. Mit dem Rasierklingen-System Gillette Fusion montiert. Weltweit erhältlich – voll alltagstauglich. Ganz, wie es der Kunde wünscht.

Erst dann schweift der Blick zu einer flachen eingepassten Schublade in der Front. Dort liegt das mit dem Füllfederhalter ausgestellte und von Hand gestempelte Zertifikat, das Echtheit und Rarität des Editions-Rasier-Sets bestätigt.

Zurück zu den Griffen. Unter Mooreiche versteht man die in Moor oder Unterwasser lange abgelagerte Eiche – sagen wir ruhig mal: jahrtausendelang. Das ist schonmal sehr fein.

Das Ausbürsten des Schmutzes und der weichen Holzanteile aus dem Holz verstärkt die eichentypische starke Maserung. In diese hat man hier Silberpartikel hineinpoliert – und dann alles unter einem harten Glanzlack geschützt. Perfekt sitzen die verchromten Kappen an Fassung und Griffende. Das glitzert schön und erzeugt haptischen Spaß – denn es ist auch vom Gewicht her sehr ausgewogen und angenehm in der Handhabung. Die Gesamt-Optik ist ebenfalls ein Genuss: Die Griffe harmonieren perfekt mit dem hellen Pinselhaar. So soll es sein!

Ich habe mich bei der Pinselbürste tatsächlich für die vegane Kunstfaser entschieden – sie macht einen super Eindruck und fühlt sich toll (wenn auch etwas anders, als glattes Naturhaar) an. Die ‚Schaum-Leistung‘ scheint mir stärker, ist auf jeden Fall aber ebenfalls pflegeleicht und hygienisch.

Elegant und funktional ist auch der kleine Rasiererhalter, der auf der Technik des Verkantens funktioniert. So steht der Rasierer aufrecht – es sieht toll aus, als wäre es eine Präsentation in einem Schaufenster…

Fazit: MÜHLE liefert ein weiteres perfektes Produkt für den anspruchsvollen Genuss-Menschen – schön und funktional zugleich.

Ja, ja, natürlich hat dieser Genuss auch einen Preis. Das Manufaktur-Produkt kostet als Set EUR 660,00.

Es ist gutangelegtes Geld.

Fotos: Wigmar Bressel

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„Manufaktur 4.0“ – Überlegungen nach der ersten Podiumsdiskussion

21. Oktober 2016, Potsdam. Am 16. September 2016 fand der 1. Brandenburger Manufakturentag im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte in Potsdam statt. Organisiert von der Deutschen Manufakturenstraße e. V. sowie der Kulturland Brandenburg Gesellschaft – eine Auftaktveranstaltung für die Manufakturenstraße in Brandenburg. Gezeigt wurde eine kleine, feine Ausstellung von 20 Brandenburger Manufakturen und manufakturartig arbeitenden Designern, Handwerkern und Herstellern von Konsumgütern, Baustoffen und Lebensmitteln – die Hersteller für die Besucher zum Anfassen, die Geschäftsführer als Gesprächspartner.
Im Rahmen der Ausstellung fand eine Podiumsdiskussion zu Überlegungen nach der „Manufaktur 4.0“ statt, die natürlich auch für die Fachhochschule Potsdam und ihre Absolventen interessant ist. „4.0“ steht in der Industrie für Software-Einsatz in der gesamten Produktionskette vom Designer über den Hersteller bis zum Händler und dem Endkunden, aber auch Beteiligung der Kunden am Design, Transparenz bei den Materialien, Herkunft und Arbeitsbedingungen. Das wird von der Bundesregierung großzügig gefördert. Was könnte analog die förderfähige „Manufaktur 4.0“ werden?

Auf dem Podium saßen neben den Moderatoren Pascal Johanssen und Brigitte Faber-Schmidt drei Hochschulprofessoren der Fachhochschule Potsdam – Prof. Dr. Rainer Funke (Designtheorie), Prof. Alexandra Martini (Gestaltungsgrundlagen), Prof. Hermann Weizenegger (Industrial Design) -, Necdet Yildirim von Carta Forma (Hersteller von Papierwaren aus Oberkrämer), sowie ich als Vorsitzender des Verbandes Deutsche Manufakturen und Silberwarenhersteller (Koch & Bergfeld) aus Bremen.
Ehrlichgesagt warf die Diskussion noch mehr Fragen auf, als sie Antworten ergab – aber vielleicht liegt das auch in der Natur der Sache, wenn es sich um eine Auftaktdiskussion handelt.

Klar ist: Es gab in den vergangenen Jahren wieder große technische Fortschritte. Theoretisch können sich Kunden, Lieferanten, Zulieferer und Hersteller über Software verknüpfen – jeder könnte Einblick in den Produktionsprozess nehmen. Maschinen aus aktuellen Baujahren haben oft eine Computerschnittstelle. Die Frage ist nur: Interessiert das irgendjemanden in der Manufakturenbranche? Die Antwort lautet vermutlich: eigentlich nein. Eigentlich. Und zwar nicht, weil man technikfeindlich wäre – sondern weil häufig schlicht die Anwendbarkeit fehlt.

Man braucht sich nur die Grundsatzfrage zu stellen: Was ist der größte Unterschied zwischen Industrie und Manufaktur? Das ist neben der geringen Mitarbeiterzahl bei Manufakturen auch die geringe Losgröße in der Produktion. Gerade die Losgröße 1 (Sonderanfertigung) stellt die Frage nach der Amortisation jedes Investitionsschrittes.

Geht man einmal optimistisch von einer industriellen Soft- und Hardware-Lebenszeit von zehn Jahren aus (bei Apple- oder Microsoft-Produkten reden wir erfahrungsgemäß von einem Jahr), so bedeutet dies, dass mit der Investition in eine Soft- und Hardware diese sich in diesen zehn Jahren bezahlt gemacht haben muss. Denn dann ist der Fortschritt drum herum so groß, dass neue Investitionen erfolgen müssen.

Nehme ich unseren eigenen Betrieb als Beispiel – die Silberbesteckproduktion -, so rede ich über vermutlich 250 000 bis 400 000 produzierte Besteckteile in zehn Jahren – allerdings aus einer Palette von rund 1500 verschiedenen Stücken (das wäre schon der Optimalfall – insgesamt haben wir rund 15 000 verschiedene Besteckteile seit Bestehen unseres Unternehmens entworfen und gefertigt). Von dem einen Löffel werden mehr gefertigt, von dem anderen sehr viel weniger. Das heißt, mein Aufwand muss für viele unterschiedliche Produkte mit teilweise sehr geringen Stückzahlen passen. Ist das realistisch? Wohl eher nicht. Wir reden ja nicht von einem Warenwirtschaftssystem (haben wir), Internetseite, eMail und Facebook (haben wir), Smartphones und Automobile haben wir natürlich auch schon – also stellt sich die Frage, worauf die Veränderung „4.0“ abzielen könnte.

Auf den Händler-Kontakt? Der Händler ruft an, benötigt die Gravur-Kombination „F“ und „D“ für seinen Kunden, der gerade im Geschäft beraten wird. Schnellste Lösung: drei Seiten Gravur-Kombination aufs Fax gelegt, er kann diese dem Kunden zeigen und nach zehn Minuten ist das Rückfax da – eine Kombination in einer Zierschrift ist angekreuzt. Fertig.

Ich frage mich: Wäre er besser dran, wenn er die Kombinationen im Internet hätte abrufen können, während er den Kunden im Geschäft berät? Ich frage mich mal zurück: Hat der Händler seinen Acrobat Reader für PDFs aktuell – oder macht er jetzt vor den Kunden-Augen erstmal ein Update, damit er nach zwanzig Minuten (Java war auch veraltet und aktualisiert sich schnell noch mit) dann auch noch die richtige Kombination aus den etwa 500 Seiten mit jeweils 20 bis 50 Möglichkeiten herausgesucht hat, endlich etwas vorzeigen kann? Oder will er das doch lieber dem Fachmann – hier: seinem Lieferanten, der sich längst den Ladenöffnungszeiten im Büro angepasst hat – mit der veraltet scheinenden, aber fehlergeringen Fax-Technik überlassen?

Zielt die Veränderung vielleicht auf die Lieferanten-Kommunikation? Gegenfrage: Wieviel Material benötigt wohl eine Manufaktur so im Monat? Reicht die Bestellung per eMail oder Fax (wegen der geforderten Unterschrift) nicht aus?

Bleibt der Endkunde… Der Endkunde ist überglücklich mal alle seine Fragen an den Hersteller stellen zu dürfen. Benötigt der Endkunde einen Zugang in die Produktion der Manufaktur? Nein, benötigt er wohl kaum, da den meisten Endkunden eh die Vorstellungskraft für Produktionsprozesse und die Menge der Möglichkeiten fehlt, es die allermeisten auch nicht interessiert.

Geht es um einen Konfigurator für Bestellungen? Nach meiner bald 20jährigen Tätigkeit für Manufakturen, denke ich: nicht. Denn: Vom Typ her möchte der Endkunde ein bisschen fachsimpeln, feststellen, ob er bei genau diesem Hersteller ‚richtig‘ ist, dort seinen Kauf nach reiflicher Überlegung und Beschäftigung zu tätigen. Er möchte nochmal von einem Menschen am anderen Ende der Telefonleitung versichert bekommen, dass das Bestellte zum gewünschten Termin geliefert wird. Er liebt einfach den Kontakt mit den Menschen ‚dahinter‘, mit den Menschen, die die Produkte herstellen und alles so genau wissen…

Die Diskussion verlief an diesem Nachmittag in Potsdam an der Diskussionsfront 3-D-Druck versus Handarbeit.

3-D-Druck ist faszinierend. Aber relativ langsam. Und hängt von der Qualität der Programmierung ab. Zeit ist Geld. Programmierung kostet Geld. Und es gibt da den zusätzlichen entscheidenden Unterschied: Der Schmied verformt manuell und erhält am Ende einen Stahl mit besonderer Schnitthaltigkeit – der Drucker verschweißt oder verklebt Pulver. Heraus kommt so etwas wie: Eisen, nicht so sehr schnitthaltig. Das ist zwar nur ein Bild – aber es scheint mit irgendwie passend.

Die Bremerhavener Biozoon Food Innovations GmbH wurde gerade mit dem Schütting-Preis, dem Innovationspreis der Bremer Handelskammer, ausgezeichnet für sein Spezialessen aus dem 3-D-Drucker – ein geliertes Lebensmittel, dass Menschen mit Kau- und Schluckstörungen helfen soll: Bohnen im Speckmantel an Lammrücken? Schmeckt so, ist aber Gel. Das Unternehmen hat 24 Mitarbeiter und macht 1,2 Millionen Euro Umsatz. Haken an der Sache: Das Essen ist relativ teuer, denn es muss auf den jeweiligen Patienten und seine Kau- und Schluckfähigkeiten zugeschnitten sein. Da haben wir wieder die Losgröße 1… Und die Frage, warum wir Manufakturen eben doch eher mit Slowfood harmonieren und in einem Boot sitzen, als mit ‚Smoothfood 1.0‘, wie der derzeitige Fachbegriff für das Gel-Essen derzeit ist.

Das größte Problem der „4“ vor der „0“ ist jedoch, dass es die Manufakturen von ihrer DNS wegführt – der Handarbeit und dem Menschen, der im Manufakturprodukt zu finden ist und vom Kunden gesucht wird. Denn die Renaissance der Manufakturen begann vor 20 Jahren nicht in der Faszination der Betreiber für immer vertieftere Technik – sondern in der Begeisterung der Kunden für die Handarbeit, für den Menschen, der trotz seriellen Fertigung im einzelnen Produkt zu finden ist.

Der Mensch – und seine Kompetenz. Seine Meisterschaft in vielen Dingen, vor allem in seiner Urteilskraft. Wann ist ein Produkt ‚gut‘? Kann das ein Roboter entscheiden?

Das unterscheidet Manufaktur und Industrie. Serielle Fertigung – jedoch in Verantwortung des Menschen und nicht der Vorgabe. Nicht das Fließband, das unnachgiebig weiterläuft. Sondern das Auge und die Entscheidung des Mitarbeiters. Und das ist auch das, was der Kunde will – es sei denn, eine Maschine könnte es besser. Dann wäre der Arbeitsplatz futsch, das ist klar.
Kurzes Fazit: Der Charme der Manufakturen liegt gerade in der arbeitsteiligen Handarbeit und im Erkennen der Handarbeit und des Menschen im Produkt. Das Programmieren von Software kostet noch zuviel Zeit und damit Geld, Drucker sind zu langsam und scheinen – wenn überhaupt – im Prototypenbau interessant. Neue Techniken sind dann interessant, wenn sie neue Möglichkeiten und neue Produkte für die Hersteller eröffnen, das ist klar. Reine Automatisationen laufen dem Manufakturgedanken zuwider und bringen noch nicht mal die körperlichen Entlastungen, die dem Außenstehenden interessant erscheinen (Betriebssport und -yoga erübrigt sich beim Konsumgüterhersteller möglicherweise, wenn man eh körperlich arbeitet und ab und an mal die Halbfertigteile zum Kollegen bringt und die Muskulatur ‚abweichend‘ durchblutet wird). Auch digitale Kundennähe ist beim doch recht häufigen Endkunden-Kontakt in der Regel eher ein Wunsch der Hersteller als der Kunden…
Trotzdem finde ich die Diskussion und die Gedankenspiele interessant. Und auch deshalb veranstaltet der Verband Deutsche Manufakturen alljährlich das „Zukunftsforum Deutsche Manufakturen“… Wer eine Idee zur weiteren Zukunft der Manufaktur-Idee hat, bringe sich ein!

Fotos: Deutsche Manufakturenstraße e. V.

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Hier einige Eindrücke vom 1. Brandenburger Manufakturentag:

Stefan Finks Taschenfüllfederhalter-Set „Spatz & Kiebitz“ ist „Manufaktur-Produkt des Jahres 2016“

28. Juni 2016, Bremen. Königsholz und Titan – das sind die Materialien, aus denen Stefan Fink seine neuesten Schreibgeräte baut. Benannt „Spatz“ und „Kiebitz“, sind diese Taschenfüllfederhalter mit nur zehn und nicht ganz zwölf Zentimetern Länge voll reisetaugliche Luxus-Schreibgeräte für den Gruß zwischendurch. Sie wurden in halb-anonymisierter schriftlicher Wahl von der Jury zum „Manufaktur-Produkt des Jahres 2016“ gewählt.

Die Jury hat beeindruckt: die exakte Verarbeitung zwischen Metall und Holz, das schöne Design, die angenehme Haptik – aber auch der Erfolg, den Stefan Fink sich im Laufe der Jahrzehnte erarbeitet hat, heute souverän mit einem Verkaufspreis um die 870 Euro  zwischen den besten Arbeiten von Montblanc, Faber-Castell und den wenigen anderen großen Marken steht, als anerkannter Tüftler aus dem – man denkt an die Gallier – Manufakturen-Dorf gegen die scheint’s übermächtigen, marketingstarken Millionen-Marken der Schreibwarenbranche, von deren Produkten niemand mehr erfährt, woher sie wirklich kommen.

Das südamerikanische Königsholz wurde zwölf Jahre von Stefan Fink persönlich gewendet und getrocknet, das Titan beim besten deutschen Zulieferer eingekauft. Perfekt funktional gezeichnet, ist zurückhaltend im Auftreten – wie bei gutem Design so oft, sieht alles ganz harmlos aus, schlicht, und vertraut. Liegt gut in der Hand, macht beim Schreiben Spaß – so soll es doch wohl sein!

Interessant ist, dass das Produkt in allen Kategorien (von Design über Innovation, Produktnutzen, Nachhaltigkeit, Qualität, Kulturelle Bedeutung bis zum Trend) in der Bewertung kräftig Punkte gesammelt hat, jedoch nie das Beste der jeweiligen Bewertungsgruppe war – aber in der Gesamtsumme die meisten Punkte bekam.

Auf den Plätzen (3. und 4. Platz jeweils punktgleiche Ergebnisse – daher geteilt):

(2.) Keramikbeschichtete Kupferbackform der Kupfermanufaktur Weyersberg, Starzach

(3.) Kochmesser „The Knife“ der Messerschmiede Güde, Solingen

(3.) Edition „Klangfarbe Weiß“ von Wendt & Kühn, Grünhainichen

(4.) Porzellanservice „Touché – La Mer“ der Porzellanmanufaktur Fürstenberg, Fürstenberg

(4.) Lampe „White Moons 3×3“ von Licht im Raum Dinnebier, Düsseldorf

(5.) Bodenfliese „Wasserburger Seeton-Fliesen“ von Attenberger Bodenfliesen, St. Wolfgang

(6.) Messer „Exklusiv C90 Mooreiche“ von Nesmuk, Solingen

(7.) Cardigan „Mia Mai Sue“ der Strickmanufaktur Zella, Zella

(8.) Brillengestell „Flair 658“ der Flair Modellbrillen, Oelde

Sonderpreise (Gewinner in der jeweiligen Bewertungsgruppe)

Design: Edition „Klangfarbe Weiß“ von Wendt & Kühn, Grünhainichen

Innovation: Keramikbeschichtete Kupferbackform der Kupfermanufaktur Weyersberg, Starzach

Marketing: Kochmesser „The Knife“ der Messerschmiede Güde, Solingen

Beobachtung von Trends: Kaffeefilter-System „CupIn“ der Kafferösterei de Koffiemann, Lilienthal sowie Brillengestell „Flair 012“ der Flair Modellbrillen, Oelde (punktgleich)

Nachhaltigkeit: Bodenfliese „Wasserburger Seeton-Fliesen“ von Attenberger Bodenfliesen, St. Wolfgang

Liebling der Jury: Porzellanservice „Touché – La Mer“ der Porzellanmanufaktur Fürstenberg, Fürstenberg

Jury 2016:

Ben Dibbern, Porzellanmanufaktur Dibbern

Andrej Kupetz, Rat für Formgebung – German Design Council

Pascal Johanssen, Deutsche Manufakturenstraße

David Pohle, Herausgeber von Sehnsucht Deutschland

Klaus-Peter Piontkowski, Herausgeber von Genuss Pur und Genuss Professional

Olaf Salié, Deutsche Standards und Mit-Herausgeber Deutscher Manufakturenführer

Bisherige Preisträger:

Induktions-Keramik-Kupferpfanne der Kupfermanufaktur Weyersberg (2014)

Doppelhorn Nr. 103 in f/b der Gebr. Alexander Musikinstrumentenfabrik (2015, Konsumgüter)

Gin Monkey 47 Distiller’s Cut (2015, Lebensmittel)

Digitalisierung und Manufaktur – ein Gegensatz?

12. Mai 2016, Koblenz. Nein – denn die aktuelle Digitalisierung aller Lebensbereiche ist gerade für Manufakturen eine Chance! Aber warum?

Aktuell entwickeln sich Konsumenten durch das Internet immer mehr zu Prosumenten und greifen so auf unterschiedlichen Wegen in die Produktion und Kommunikation im Unternehmen ein.

Der Kunde von heute ist nun der wahre König. Bestens informiert, bereit zur Diskussion und vernetzt von Facebook bis Snap-Chat. Auch kleinere Unternehmen müssen nun lernen, sich den neuen Schnittstellen zu bedienen. Dabei stellen die Kommunikationsplattformen nur den Anfang dar. Internet-Konfiguratoren lassen schon heute den Kunden zum Designer werden. Dies funktioniert im Großen wie im Kleinen. Bekannt aus der Automobilindustrie, wo wir schon länger bis ins Detail entscheiden können, gibt es aktuell auch Neues aus der Welt der Manufakturen.

Julia Kasper von Holzgespür am vom Kunden designten Produkt

Julia Kasper von Holzgespür am vom Kunden designten Produkt

Den Anfang machte in Deutschland Julia Kasper von Holzgespuer.de. Aufgewachsen in handwerklicher Meisterleistung von Echtholzprodukten, hat sie die Chancen der Digitalisierung schnell erkannt. Holzgespür bietet handgefertigte Möbel aus heimischen Hölzern. Ihre Kunden wollen erlesenes Handwerk, einmalige Qualität und die Gewissheit, dass Material und Arbeitsleistung aus deutschen Landen stammt. Und eines mehr wollen die Kunden – den genau passenden Tisch für ihr Leben. Da lag es nahe, alle diese Anforderungen zu verbinden. Heute kann der Kunde über einen 3D-Konfigurator seine Möbel bis ins Detail gestalten. Jedoch kann Holzgespür mehr. Der Kunde erhält auf Wunsch eine reale Musterbox und kann zu Hause mit allen Sinnen Eiche gegen Rüster oder Nussbaum abwägen. Nicht genug: Ist das Material ausgewählt, erhält der Kunde ein Video vom aufgeschnittenen Baumstamm und kann dann entscheiden, ob Maserung und Astverlauf seinen Wünschen entsprechen. Wer gleich selbst gestalten möchte, dem bietet sich eine zweite Schnittstelle – der Wunschupload. Die eigene Idee hochgeladen, meldet sich die Unternehmerin sogleich per Chat zu Wort und gemeinsam entsteht das neue Produkt. Holzgespür zeigt so, wie Beratung und echte Kommunikation auch über das Internet gelingen kann.

Da war einmal das Klischee der verstaubten Manufaktur mit ihren rostigen Maschinen und Handwerkern. Doch so fertigen erfolgreiche Manufakturen schon lange nicht mehr. Das handwerkliche Expertenwissen der Meister gepaart mit der Präzision digitaler Fertigung lässt heute Produkte in atemberaubender Qualität und Langlebigkeit entstehen.

Die digitale Maschine – ob Fräser, Laser oder Roboter – bleibt ohne die Intelligenz des Meisters ein dummes Werkzeug. Handwerk, Gestaltung und digitales Engineering müssen heute zusammenspielen um bleibende Werte jenseits der Massenprodukte zu erzeugen.

Und so sehen wir von den Alpen bis zur See Manufakturen, die mit ihren technisch anspruchsvollen Produkten zur Weltmarke werden. Wie dies geht zeigen beispielsweise die Deutschen Werkstätten Hellerau. Nach der Wende und einer Traditionsgeschichte bis ins Jahr 1898 zurück, startete die Manufaktur mit präziser digitaler Fertigung und handwerklicher Meisterleistung ihr Wachstum. Projekte wie eine in England umgesetzte Bibliothek in freien Formen lassen staunen. Angelehnt an die Formensprache Antoni Gaudis überzeugt das Projekt mit einer einmaligen digitalen Fertigungskompetenz. Freigeschwungene Formen in Echtholz zu fertigen, heißt zuerst mit einer 3D-Modellierungssoftware virtuell erste Entwürfe zu gestalten. Stimmt der Entwurf, braucht es bei solchen extremen Formen schon eine komplexe 5-Achs-Fertigung, um der Produktion Herr zu werden. Über solche Projekte an der Spitze des Holzhandwerks haben sich die Werkstätten Hellerau nun bereits international einen exzellenten Ruf erarbeitet. Hochwertiges Handwerk gepaart mit digitaler Fertigung sind so Grundlage für den zukünftigen Erfolg der Manufaktur.

Umweltverträgliche und nachhaltige Produkte liegen im Trend. Sozial verantwortliche Beschaffung und Produktion werden immer gefragter. Die Transparenz, die das Internet hier erzeugt, ist das Gold der Manufakturen. Denn die Ansprüche an Nachhaltigkeit erfüllen Produkte echter Manufakturen schon seit jeher. Doch nun wird sichtbar, was oft verborgen war. Heute kommunizieren auch Manufakturen über Webseiten, Blogs und Social Media die Themen der Gesellschaft und ihrer Produkte. Und so findet der Käufer aus Hamburg nun endlich auch die Manufakturküche aus den Tiefen des Westerwaldes.

Die Möbelmanufaktur Tischlerei Sommer fertigt Küchen in einer Qualität, die ihres gleichen sucht. Die Fertigungskompetenz und ein internationales Netzwerk für einzigartige Materialien lassen wenig Raum nach oben. Ob Küchenblock aus Ibbenbürener Sandstein auf heimischem Apfel oder das Mobile Cooking Center zum Braten, Grillen und Servieren im Freien zeigen die Innovationskraft, gepaart mit Exklusivität. Aber was nützt das beste Produkt, wenn nicht auf gleichem Nivea digital kommuniziert wird. Der Kunde von heute sucht auch über das Smartphone nach Manufakturwaren und weiß sehr genau über Material und Verarbeitung bescheid. Dies erkannt, setzt die Manufaktur auf eine breite Kommunikationsstrategie. Die Webseite holt als Plattform die Kunden ab und verzaubert in Text und Bild für den nächsten Kauf. Social-Media-Aktivität und gekonnte Suchmaschinenoptimierung lassen das Unternehmen dort erscheinen, wo Manufakturen hingehören. Nach oben auf Seite eins. Auch hier bietet Digitalisierung unzählige Möglichkeiten für Manufakturen.

Klappt dann noch Lieferung und Service in der Excellence der Produkte, haben Manufakturen eine goldene Zukunft. Hier gilt es, die Geschäftsprozesse intelligent zu digitalisieren. Wer wartet heute schon gern auf das Angebot oder den Service? Also auf in die digitale Zukunft der Manufakturen.

Fotos: Tischlerei Sommer, Holzgespür

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Käthe Kruses Waldorf-Puppe kommt ins Kino-Rampenlicht

23. Februar 2016, Donauwörth. Käthe Kruses Waldorf-Puppe rückt wieder ins Rampenlicht. Sie bekommt eine kleine Hauptrolle im neuen Film mit Matthias Schweighöfer, Florian David Fitz (der auch selbst Regie führte) und Alexandra Maria Lara mit dem nicht gerade unreißerischen Titel „Der geilste Tag“ im Verleih von Warner Bros.

38070 Ka¦êthe Kruse Waldorf Filmpuppe Amelie - UVP 99,90 Ôé¼_300dpiDer Film ist ein witzig-nachdenkliches Roadmovie von zwei Todkranken (gespielt von Schweighöfer und Fitz) ganz in der Tradition des Til-Schweiger-Erfolgs „Knockin‘ on heavens door“, von denen einer (Fitz) die Puppe für seine Film-Tochter kauft – eine besondere Puppe als ein besonderes Geschenk für ein besonderes Vater-Tochter-Verhältnis. Und die Waldorf-Puppe hat ihre Auftritte. „Die größte Herausforderung war es, jemanden vom Filmteam in unsere Produktion zu bekommen. Dann war es entschieden.“, erzählt Renate Wildenhain, die die Öffentlichkeitsarbeit von Käthe Kruse macht. Filmstart ist am 25. Februar in den deutschen Kinos.

Natürlich, man kann Waldorf-Puppen leicht zu Hause nachmachen. Meine Mutter hat für jeden von uns drei Kindern eine solche Puppe in vielen Stunden selbstgebastelt, damals in den 1970er Jahren. Wie vermutlich die Mütter vieler tausender, wahrscheinlich zehntausender Kinder. Ein heller, irgendwie hautfarbener Trikot-Stoff aus dem Bastelbedarf, die Muster nach Anleitung zugeschnitten, genäht, gestopft mit Füllwatte, bei den größeren Puppen wurde von ihr Vogelsand in kleinen Säckchen eingenäht, um das Gewicht natürlicher zu machen. Dazu dann selbstentworfene Kleidung…

Die meisten Menschen wissen vermutlich gar nicht, dass diese Puppe eigentlich als ein besonderes pädagogisches Spielzeug konzipiert wurde – von Rudolf Steiner, dem Begründer der Waldorf-Pädagogik. Für die Serienfertigung dann umgesetzt von Käthe Kruse, der Begründerin von Deutschlands ältester Puppen-Dynastie.

„Steiner und Kruse – das waren ja damals richtige Freigeister. Die wollten, dass sich etwas ändert“, erzählt Renate Wildenhain. Dementsprechend waren auch die Ansätze – die Ur-Waldorf-Puppe hat gar kein richtiges Gesicht: „Der Mund ist ein gerader Strich, die Augen nur Punkte. Jedes Kind sollte frei in der Interpretation sein, ob die Puppe nun lächelt oder traurig ist.“ (In der Unternehmenssprache hört sich das so an: „Die Gesichter sind auf das Wesentliche reduziert, um die Phantasie der Kinder anzuregen. Die Puppe hat eine Art Mona-Lisa Lächeln.“)

Aber die Zeiten sind vorbei. Denn Leni – so der Name der Kino-Puppe, auf die sich gerade alle Augen beim Puppenhersteller richten – hat ganz klar die Mundwinkel oben. Und die Augen sind hellblau. Denn Leni soll ein Erfolg werden. Und mit dem typischen Preis von 99,00 Euro auch Geld in Handel und Produktion bringen…

Die selbstgebastelten Puppen hatten immer schon Gesichter, darf gemutmaßt werden. Und mit den selbstgebastelten Puppen hat Käthe Kruse auch gar keine Probleme – im Gegenteil. Die Überzeugung der Firmengründerin war, dass man wenigstens eine Puppe für sein Kind selbst basteln sollte. Dafür gab es sogar im Bastelbedarf extra veröffentlichte Schnittmuster, zum Nachbasteln. Die Kauf-Waldorf-Puppe (Bio-Baumwolltricot, Bio-Schafwollfüllung, die „Haare“ aus Boucléwolle) war also zunächst vor allem für die nicht-bastelnden Eltern gedacht.

Käthe Kruse und die Waldorf-Puppen – das ist schon eine Erfolgsgeschichte. Renate Wildenhain: „Wir sind der einzige vom Bund der Waldorfschulen e. V. lizensierte Hersteller von Waldorf-Puppen weltweit. Diese Puppen tragen auch heute noch einen wichtigen Teil zum Firmenumsatz bei.“ Ungefähr zwanzig der vierhundertfünfzig Mitarbeiter sind im Bereich Waldorf-Puppe beschäftigt – am heutigen Unternehmenssitz im schwäbischen Donauwörth, wo alle hochwertigen Puppen von Käthe Kruse mit einem hohen Handarbeits-Anteil produziert werden.

Ursprünglich kommt Käthe Kruse aus dem heutigen Sachsen-Anhalt, aus Bad Kösen, wo die Unstrut in die Saale fließt. Als nach dem Krieg in der Ost-Zone die Enteignung drohte, floh Käthe Kruse mit Mitarbeitern und Geräten nach Westen. Die DDR schusterte aus den Hinterlassenschaften ihr Spielzeug-Kombinat zusammen; seit der Wende werden am früheren Standort hochwertigste Stofftiere produziert – von der Kösener Spielzeug Manufaktur der Familie Schache.

Aber auch in Donauwörth gab es Veränderungen. Familie Kruse ist vor etlichen Jahren bei Käthe Kruse ausgeschieden – kein Nachfolger in Sicht. Die Manufaktur gehört inzwischen zum Hape-Konzern des Unternehmers Peter Handstein, der Weltmarktführer bei Holzspielzeug ist.

Fotos: Käthe Kruse GmbH

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Die Backform mit den weltbesten Backeigenschaften – ist aus Kupfer

19. Februar 2016, Starzach. Sie hat außen diese wunderbar warme Farbe, tolle, klassische Rundungen – die Backform „Frankfurter Kranz“ aus massivem Kupfer. Innen ist sie praktisch und geschmacksneutral keramikbeschichtet. Schwer und gediegen liegt sie in der Hand. Die Wand der Backform ist aus eineinhalb Millimetern Kupfer, das diese phantastische Wärmeleitfähigkeit hat. Eine Backform mit weltbesten Backeigenschaften.

Backen in Kupfer – das ist der neueste Ansatz von Marc Weyersberg, geschäftsführender Gesellschafter der Kupfermanufaktur Weyersberg aus dem württembergischen Starzach. Weyersberg ist berühmt für seine Innovationskraft.

Die kleine Manufaktur im Schloss Weitenburg hat vor drei Jahren mit der Rettung des Kupfergeschirrs schlechthin auf sich aufmerksam gemacht. Weyersberg, einziger deutscher Kupfergeschirrhersteller, stand vor der Frage, wie es weitergehen sollte, nachdem die Europäische Union beschlossen hatte, den Kontakt von Kupfer zu heißen Lebensmitteln „stark einzuschränken“ – um es vornehm zu formulieren und nicht von einem Teil-Verbot zu sprechen. Weyersberg entwickelte daraufhin die erste keramikinnenbeschichtete Kupferbratpfanne der Welt – die von ihm als Obergipfel der technischen Erneuerung auch noch induktionstauglich gemacht wurde: mit hochmagnetischen Eisenmolekühlen, die unter die Kochfläche gespritzt werden. Marc Weyersberg: „Das war mehrere Jahre Tüftelei und die Suche nach dem richtigen Partner für diese teure Technik. Aber es musste sein. Denn viele unserer Kunden sind inzwischen auf Induktionsherde umgestiegen – und da funktioniert Kupfer halt nicht.“

Manufakturen-Blog: Die neue Gugelhupf-Backform aus Kupfer - sie hat durch die spitzenmäßige Wärmeleitfähigkeit eine deutlich verringerte Backzeit (Foto: Wigmar Bressel)

Die neue ‚Frankfurter-Kranz‘-Backform aus Kupfer – sie hat durch die spitzenmäßige Wärmeleitfähigkeit eine deutlich verringerte Backzeit

Manufakturen-Blog: Die Keramikinnenbeschichtung der Backform der Kupfermanufaktur Weyersberg bietet unter anderem den Vorteil, dass der Kuchen nicht am Kupfer anbackt (Foto: Wigmar Bressel)

Die Keramikinnenbeschichtung bietet unter anderem den Vorteil, dass der Kuchen nicht am Kupfer anbackt


Manufakturen-Blog: Backformen aus Kupfer der Kupfermanufaktur Weyersberg in verschiedenen Formen (Foto: Wigmar Bressel)

Backformen aus Kupfer in verschiedenen Formen

Manufakturen-Blog: Wie bei vielen Metallen, lassen sich auch Kupfer-Koch- und -Backgeschirre mit spezialisierter Politur besser pflegen - auch die Kupfermanufaktur Weyersberg hat sich ein Produkt entwickeln lassen (Foto: Wigmar Bressel)

Wie bei vielen Metallen, lassen sich auch Kupfer-Koch- und -Backgeschirre mit spezialisierter Politur besser pflegen

Aus Schachmatt wurde der Phönix: Diese Bratpfanne wurde im Jahr 2014 als deutsches „Manufaktur-Produkt des Jahres“ von der Jury des Verbandes Deutsche Manufakturen e. V.  ausgezeichnet, hat sich seitdem sensationell verkauft – und machte Weyersberg berühmt. Die Farbe Kupfer – seit einem Jahr wieder sehr „in“ – tat ein Übriges. Klar: Inzwischen sind fast alle Kochgeschirre, die für höhere Temperaturen in Frage kommen, von Weyersberg umgerüstet auf Induktionstauglichkeit und EU-Kompatibilität.

Nun also Backformen. Marc Weyersberg: „Wir hatten auf der Ambiente 2016 in Frankfurt ein phantastisches Feedback von Händlern bis nach Japan. Und das bei unseren Preisen, die ja im Küchensegment auch gerne als jenseits von Gut und Böse eingestuft werden. Sie haben nichtmal gezuckt.“

Preise – das bedeutet 149 bis 189 Euro für die Backformen, je nach Größe. Die inzwischen  berühmte, ausgezeichnete Bratpfanne kostet zum Beispiel 339 Euro. Weyersberg: „Ich stelle fest, dass es sich bei den Käufern größtenteils gar nicht um die Schönen und Reichen handelt, sondern um ausgesprochene Koch-Enthusiasten – viele sparen sich unsere Töpfe richtig zusammen, höre ich aus dem Handel.“

Auch für die Pflege hat sich Weyersberg inzwischen etwas überlegt. Auf der Messe stellte er sein erstes Kupfer-Pflegemittel (Preis: 19,95 Euro) vor. Es enthält ordentlich Schleifpartikel – Weyersberg: „Das muss man sich vorstellen wie Peeling beim Duschgel.“ –, die das Kupfer wieder schön kupferrot bekommen. Für die verkupferten Kochgeschirre aus dem Import ist es allerdings nicht geeignet. Marc Weyersberg:  „Die dünnen galvanischen Verkupferungen sind mit meinem Putzmittel schnell runter.“ So trennt das Putzmittel halt Kupfernes von Verkupfertem – like the man from the boy.

Fotos: Wigmar Bressel


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Manufakturen-Blog: Die Kupfermanufaktur Weyersberg hat jede Form von Schalen, Pfannen, Bratpfannen im Angebot (Foto: Wigmar Bressel)

Die Kupfermanufaktur Weyersberg hat jede Form von Schalen, Pfannen, Bratpfannen im Angebot

Fürstenberg präsentiert Omnia, Meissen bringt neues Dekor für Cosmopolitan

04.02.2016 – Ausstellen – oder nicht. Das ist wie für die vielen kleinen privaten auch die Frage für die beiden großen deutschen Staatsmanufakturen: Die Staatliche Porzellan-Manufaktur Meissen aus Meißen (Eigentümer: Stiftung/Land Sachsen) war nicht in Paris auf der „Maison & Objet 2016“, geht dafür aber nach einiger Abstinenz wieder auf die „Ambiente 2016“ in Frankfurt. Die Porzellanmanufaktur Fürstenberg aus Fürstenberg an der Weser (Eigentümer: NordLB/Land Niedersachsen) hat sich genau anders herum entschieden: Paris ja, Frankfurt auch in diesem Jahr wieder nein.

Dafür präsentiert Fürstenberg eine neue Form: Omnia. Ein vierteiliges Geschirr, bestehend aus henkellosem, dafür aufwändig-doppelwandigem Becher und ebenso konstruierter Schale, Speise- sowie Frühstücksteller. Es sieht sehr modern aus, jedoch nicht glatt und fein, sondern eher organisch oder nach Stein. Interessant in jedem Fall… und ineinandergestellt, wie eine kleine Skulptur.

Entworfen wurde die neue Form vom Wiener Büro EOOS: „Diese natürlichen und rauen Oberflächen haben uns zur Form Omnia geführt. Außen rau und gewachsen, innen glatt. Dieses Spannungsverhältnis fasziniert uns“, erklärt Martin Bergmann den Prozess der Entstehung in der Begleitbeschreibung.

Neben obligatorischem Weiß gibt es die Auswahl von Anthrazit, Bronze und zwei Brauntönen. Optional mit faszinierender, handaufgelegter und -polierter Innenvergoldung. In der weiteren Verarbeitung findet sich ein zusätzliches Stück Manufaktur wieder: Damit die Rillen der Form nicht durch die Glasur zulaufen, wurde mit durchgefärbter Porzellanmasse gearbeitet. Eine besondere Endveredelung erfährt jedes Teil durch das Polieren von Hand. Handschmeichelnd, wie man es von Fürstenberg kennt. Und eben typisch aufwendig Manufaktur.

Und die sechsmal größere Porzellanmanufaktur Meissen? Die mit dreihundert Jahren älteste deutsche Porzellanherstellerin bringt auf der „Ambiente“ neben weiterer Kunst ein neues Dekor für die bekannte Form Cosmopolitan. Alles noch streng geheim bis zum ersten Messetag, Fotos werden auch noch nicht gezeigt. Zuletzt hatten die Sachsen die in Marrakech lebende Inneneinrichterin Meryanne Loum-Martin engagiert. Heraus kam modern-klassisches Dekor mit Palmenblättern und einem Wiedehopf. Ich bin gespannt, was Meissen wagt.

Fotos: Fürstenberg

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Kaffeeröster – Was macht die Qualität aus?

5. Februar 2016, Emmerich. Kleine private Kaffeeröstereien waren seit den 1970er Jahren fast völlig von der Bildfläche verschwunden. Doch heute erfreuen sie sich wieder großer Beliebtheit. Die Branche boomt. Noch in den Nachkriegsjahren waren es bestimmt 6.000, 7.000 Kaffeeröstereien, die unsere Städte mit frischem Kaffeeduft aromatisiert haben. Mit dem Aufkommen der großen Kaffeekonzerne war damit aber erst mal Schluss. Doch inzwischen gibt es immer mehr Kaffeetrinker, die eine gute Bohne, sorgfältige Röstung und das duftgeschwängerte Ambiente einer Rösterei für ihren Kaffeegenuss  zu schätzen wissen. An die 1.000 private Kaffeeröstereien soll es inzwischen in Deutschland wieder geben.

Peter C. von Gimborn in seinem Metier

Peter C. von Gimborn in seinem Metier

Aber was macht eigentlich eine gute Kaffeeröstmaschine aus? Ich habe mich bei einem erkundigt, der es wissen muss: Peter C. von Gimborn. Urgroßvater Theodor von Gimborn hatte die Emmericher Maschinenfabrik und Eisengiesserei mitgegründet und unter dem Markennamen „Probat“ Kaffeeröster gebaut. Weltweit ist wohl keine andere Kaffeeröstmaschine so erfolgreich verkauft worden. Sein halbes Leben hat Peter C. von Gimborn im Familienunternehmen verbracht. Heute betreibt er in Emmerich am Rhein eine eigene Manufaktur unter dem schlichten Namen „Semper P.C. von Gimborn“.

„Wir bauen nur kleine Röster, für Chargen von bis zu 45 Kilogramm, so wie sie bei uns als Modell schon in den 1950er Jahren hergestellt wurden“, erzählt von Gimborn. „Und es gibt eine zunehmende Nachfrage nach echten Oldtimern, also nach alten Maschinen, die wir dann generalüberholen. Aber das wird immer schwieriger, solche Maschinen noch zu finden.“ Urgroßvater Theodor hatte sich die ersten Kugelröster patentieren lassen. Aber als die Mengen zum Rösten größer wurden, war die Kugel nicht mehr so geeignet und wurde durch Trommelröster abgelöst. „In der Wärmeübertragung, da liegt das Geheimnis einer wirklich guten Kaffeeröstmaschine“, sagt von Gimborn. „Dabei kommt es vor allem auf den Anteil des Gusseisens an. Nur das Gusseisen garantiert ein gutes Verhältnis von Strahlungswärme und durchgehender Wärme. Kaffeeröster, die nur aus Stahl gebaut werden, erreichen niemals diese Qualität.“

Und eine hochwertige Kaffeebohne ist für den Genuss natürlich auch nicht unwichtig. Hat der Röstexperte von Gimborn eigentlich einen Lieblingskaffee? „Ich mag besonders die Kaffees von Bella Vista aus Costa Rica, die sind nicht so bekannt, aber von ebenso überzeugender Qualität wie der viel bekanntere Yirgacheffe aus Äthiopien.“

Wo gibt es Kaffeeröstereien in Deutschland? Informationen dazu finden Sie hier:

www.kaffeetraditionsverein.de

Fotos: Kaffeetechnik

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