Höchster Porzellanmanufaktur wird staatlich – ein guter Weg zur Bewahrung deutschen Know-hows

29. Dezember 2022, Frankfurt am Main. Wie bewahren wir Europäer in Zeiten der Internationalisierung und Globalisierung unsere Identität? Und: Was ist überhaupt ‚europäische Kultur und Identität‘? Fragen, die vielleicht noch deutlicher herausgearbeitet und beantwortet werden müssen, für die wir vielleicht noch tragfähige Antworten entwickeln und an diese glauben müssen… Einfache Beispiele sind das Essen mit ‚Messer und Gabel‘ (die meisten Menschen auf dem Erdball essen mit den Fingern, die zweitmeisten mit Stäbchen). Deshalb ist es eine wirklich gute Nachricht, dass sich die hessische Landesregierung unter Führung der CDU besonnen und es gewagt hat, die zweitälteste deutsche Porzellanmanufaktur – die Höchster, seit 1746, am Frankfurter Stadtrand gelegen – zu übernehmen. Die Hochschule für Gestaltung Offenbach bekommt einen Lehrstuhl für Porzellan, ein Institut für Materialforschung – und die Porzellanmanufaktur wird dafür die Lehrwerkstatt.

Die Höchster Porzellanmanufaktur hat eine bewegte Geschichte hinter sich, war schon mehrfach in Insolvenz, vom Markt verschwunden – aber wurde immer wieder zum Leben erweckt. Im Jahr 1746 – richtig: nur Meissen ist älter (1710) und auch die niedersächsische Porzellanmanufaktur Fürstenberg (1747) wurde mithilfe von abgeworbenen Mitarbeitern aus Höchst gegründet, deren Wissen dann wiederum Starthilfe für Royal Copenhagen (1775) leistete – mit Genehmigung des Mainzer Kurfürsten (Höchst gehörte noch zu Mainz) Johann Carl von Ostein gegründet wurde. Zur Jahrhundertwende war schon wieder Schluss – die Franzosen belagerten Mainz im Jahr 1797 und schnitten den Auftraggeber von seiner Manufaktur ab. Erst im Jahr 1927 gab es Wiederbelebungsbemühungen durch die Stadt Höchst, ab dem Jahr 1947 dann die tatsächliche Neugründung (Deutschland lag nach dem Krieg in Schutt und Asche und viel Porzellan war nicht nur zerschlagen, sondern auch zerbombt). In den 2000ern dann zwei Insolvenzen, zuletzt in diesem Sommer unter dem Hongkong-Chinesen Yung Wen Chung.

Manufakturen-Blog: Witzig, anders, experimentell - Höchst (Foto: Höchster Porzellanmanufaktur)

Witzig, anders, experimentell – Vasen von Höchst

Das Hauptproblem sind die derzeit extremen Energiekosten, die ein wirtschaftliches Produzieren durch die verfehlte deutsche Energie-Politik (desaströse Abhängigkeit von Russland) extrem schwierig machen, heißt es.

Höchst hatte natürlich auch ein Problem, seinen Platz in der Porzellan-Design-Geschichte wiederzufinden. Aber in den vergangenen Jahrzehnten hatte sich das kleine Unternehmen mit nur etwa zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf Sonderanfertigungen und Spezialprojekte konzentriert (also: nicht noch ein Barock-Essteller); dieser Entwicklung hätte mehr Respekt gezollt werden sollen.

Die hessische Landesregierung hatte sich schon unter Volker Bouffier für Höchst engagiert – aber sich nicht richtig getraut, sich das Projekt ans Bein zu binden. Nun also dieser sehr vernünftige und beherzte Schritt unter Führung von Ministerpräsident Boris Rhein – Hessen bleibt Porzellan-Land und das Wissen um das „weiße Gold“ auch dort erhalten. Sehr gut!

Fotos: Höchster Porzellanmanufaktur

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