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Michael Scheibel: „Im Zweifel lieber etwas kälter als zu warm“

13. Mai 2016, Kappelrodeck. Edle Brände wollen richtig behandelt werden. Man könnte auch sagen: mit Respekt. Sie belohnen diese Mühe mit einem Mehr an Genuss. Doch Verkosten bleibt immer etwas Individuelles. Ein „Richtig“ oder „Falsch“ gibt es nicht. Und trotzdem: Die je eigene Erfahrung mit edlen Bränden, verbunden mit dem einen oder anderen Neuen, über das ich auch in den nächsten Ausgaben berichten möchte, trägt sicherlich zum besserem Verständnis und zur größeren Freude an diesen edlen Destillaten bei.

Ein Obstbrand-Kenner ist leicht auszumachen. Er „verrät“ sich zu Beginn der Degustation. Nach dem Einschenken des edlen Brands lässt er ihm Zeit, seine ganze Aromafülle zu entfalten. Gern unterstützt er das Bouquet durch Schwenken des Glases, wobei ihm das Aussehen den ersten Hinweis zur Qualität liefert.

Ein ausgereifter Edelbrand läuft ölig transparent von der Glaswand. Nach ein bis zwei Minuten kann der Genießer schon einmal eine Nase riskieren; der Geruch, der Duft ist der halbe Genuss! Weitere ein, zwei Minuten später (je höherprozentig der Alkohol desto länger beträgt die Wartezeit) wird der erste Schluck gekostet. Dass Obstbrände nicht in einem

Schluck gekippt werden, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Ist ja schließlich kein Schnaps – kommt übrigens von „schnappen“!

Zum Genuss gehört auch das richtig Handwerkszeug! Das Glas – es sollte dem Obstbrand viel Platz zur Entfaltung bieten. Dünnwandige Aromen-Gläser eignen sich perfekt, wobei es je nach Brandtyp leichte Unterschiede in der Form gibt. Das Glas sollte unten bauchig geformt sein und einen mehr oder weniger langen „Kamin“ haben, der die Aromen gut konzentriert. Der Kamin kann sich nach oben leicht öffnen. Das Scheibel Aromaglas ist ein Allrounder. Für feinfruchtige Geiste eignet sich der Scheibel Geisterschwenker. Das mundgeblasene Scheibel Finesse-Glas mit dem abgeschrägten Rand gewährleistet

Hochgenuss und ist optisch ein Hingucker.

Die empfehlenswerte Trinktemperatur ist ein weiterer wichtiger Meilenstein zum Genuss. Lehnen Sie energisch einen Obstbrand ab, der Ihnen aus dem Gefrierfach angeboten wird; hier wollte man ganz sicher gehen, dass auch das letzte Fruchtaroma eingefroren ist.

Eine angenehme Trinktemperatur würde ich auch von der Jahreszeit abhängig machen. An schönen warmen Sommerabenden kann ein Obstbrand mit Kühlschranktemperatur kredenzt werden. Dies ist nicht zu kalt für die aromatischen Fruchttöne, da er vor dem Genuss noch Zeit im Glas verbringt. In der Winterzeit empfinde ich einen Edelbrand mit Zimmertemperatur sehr angenehm, ohne dass der Alkohol zu sehr in Vordergrund drängt. Generell lässt sich eine Temperaturspanne zwischen 15-18° C vertreten, wobei die Obstgeiste etwas kühler als die Brände und Wässer ausgeschenkt werden.

In Restaurants sieht man häufig die Flaschen dekorativ auf einem Digestif-Wagen. Das ist nett fürs Auge, aber leider nicht für den Genuss. Was tun? Sie können Ihre Brände vor dem Probieren kurz im Kühlschrank abkühlen lassen oder eine Kühlmanschette verwenden.

Im Zweifel lieber etwas kälter als zu warm servieren, denn warm wird der Brand von allein!

Lagern Sie die Edelbrände stehend in einem lichtgeschützten kühlen Raum mit konstanter Temperatur. Halten Sie stark riechende Substanzen fern.

 

Michael Scheibel ist geschäftsführender Gesellschafter der Emil Scheibel Schwarzwald-Brennerei GmbH

Der Beitrag erschien zuerst im DRINKS – Magazin für Barkeeper & Gäste/Ausgabe 2/2015 (Karl Rudolf) unter dem Titel „Mit allen Sinnen …oder wie genießt man edle Obstbrände richtig?“ und erfolgt mit freundlicher Genehmigung.

Foto: Wigmar Bressel

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Kaffeeröster – Was macht die Qualität aus?

5. Februar 2016, Emmerich. Kleine private Kaffeeröstereien waren seit den 1970er Jahren fast völlig von der Bildfläche verschwunden. Doch heute erfreuen sie sich wieder großer Beliebtheit. Die Branche boomt. Noch in den Nachkriegsjahren waren es bestimmt 6.000, 7.000 Kaffeeröstereien, die unsere Städte mit frischem Kaffeeduft aromatisiert haben. Mit dem Aufkommen der großen Kaffeekonzerne war damit aber erst mal Schluss. Doch inzwischen gibt es immer mehr Kaffeetrinker, die eine gute Bohne, sorgfältige Röstung und das duftgeschwängerte Ambiente einer Rösterei für ihren Kaffeegenuss  zu schätzen wissen. An die 1.000 private Kaffeeröstereien soll es inzwischen in Deutschland wieder geben.

Peter C. von Gimborn in seinem Metier

Peter C. von Gimborn in seinem Metier

Aber was macht eigentlich eine gute Kaffeeröstmaschine aus? Ich habe mich bei einem erkundigt, der es wissen muss: Peter C. von Gimborn. Urgroßvater Theodor von Gimborn hatte die Emmericher Maschinenfabrik und Eisengiesserei mitgegründet und unter dem Markennamen „Probat“ Kaffeeröster gebaut. Weltweit ist wohl keine andere Kaffeeröstmaschine so erfolgreich verkauft worden. Sein halbes Leben hat Peter C. von Gimborn im Familienunternehmen verbracht. Heute betreibt er in Emmerich am Rhein eine eigene Manufaktur unter dem schlichten Namen „Semper P.C. von Gimborn“.

„Wir bauen nur kleine Röster, für Chargen von bis zu 45 Kilogramm, so wie sie bei uns als Modell schon in den 1950er Jahren hergestellt wurden“, erzählt von Gimborn. „Und es gibt eine zunehmende Nachfrage nach echten Oldtimern, also nach alten Maschinen, die wir dann generalüberholen. Aber das wird immer schwieriger, solche Maschinen noch zu finden.“ Urgroßvater Theodor hatte sich die ersten Kugelröster patentieren lassen. Aber als die Mengen zum Rösten größer wurden, war die Kugel nicht mehr so geeignet und wurde durch Trommelröster abgelöst. „In der Wärmeübertragung, da liegt das Geheimnis einer wirklich guten Kaffeeröstmaschine“, sagt von Gimborn. „Dabei kommt es vor allem auf den Anteil des Gusseisens an. Nur das Gusseisen garantiert ein gutes Verhältnis von Strahlungswärme und durchgehender Wärme. Kaffeeröster, die nur aus Stahl gebaut werden, erreichen niemals diese Qualität.“

Und eine hochwertige Kaffeebohne ist für den Genuss natürlich auch nicht unwichtig. Hat der Röstexperte von Gimborn eigentlich einen Lieblingskaffee? „Ich mag besonders die Kaffees von Bella Vista aus Costa Rica, die sind nicht so bekannt, aber von ebenso überzeugender Qualität wie der viel bekanntere Yirgacheffe aus Äthiopien.“

Wo gibt es Kaffeeröstereien in Deutschland? Informationen dazu finden Sie hier:

www.kaffeetraditionsverein.de

Fotos: Kaffeetechnik

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