Manufakturen-Blog: In einem neuen Buch von Horst Heeren wird Bernhard Hoetgers (1874 - 1949) Industriedesign und sein Besteck für Koch & Bergfeld beschrieben (Foto: Archiv Böttcherstraße Bremen)

Bernhard Hoetgers Jubiläumsbesteck für Koch & Bergfeld

9. August 2018, Bremen. Wie es halt oft so ist. Jetzt gibt es das Buch zum Jubiläumsbesteck, das damals keiner wollte. Inzwischen liegen die wenigen produzierten Besteckteile in den Museen – und jeder Sammler hätte sie gerne… Der Designer Horst Heeren hat sich die Mühe gemacht, alle auffindbaren Details zu Bernhard Hoetgers Industrie-Design und seiner Arbeit für die Silberwarenmanufaktur Koch & Bergfeld in jahrelanger Arbeit zusammenzutragen.

Bernhard Hoetger (1874 Hörde – 1949 Interlaken) – bekannter Kunst- und Architektur-Tausendsassa, berühmt geworden mit der Gestaltung der Böttcherstraße in Bremen, dem Renommierobjekt des Erfinders des entkoffeinierten Kaffees (‚Kaffee Hag‘), Ludwig Roselius, und verschiedenen Bauten in der damaligen Künstlerkolonie Worpswede, des Cafés ‚Winuwuk‘ in Bad Harzburg und des ‚Muluru‘ im niederländischen Zandvoort; Vertreter des sogenannten ‚Norddeutschen Expressionismus‘.

Manufakturen-Blog: Bernhard Hoetger (1874 - 1949)

Bernhard Hoetger (1874 – 1949, Foto: Archiv Böttcherstraße Bremen)

Wenig bekannt ist, dass Hoetger sich zweimal mit Besteck beschäftigt hat – einmal für sein neues Haus in Fischerhude (im Jahr 1914), ein zweites Mal im Auftrag der Bremer Silberwarenmanufaktur Koch & Bergfeld zu deren 100. Jubiläum im Jahr 1929. Es entstanden unter der Modellnummer 66400 originelle Besteckteile, die vielleicht eher an das Design von Pott erinnern, als für Koch & Bergfeld standen. Aber – das Besteck war auch noch zu teuer in der Produktion. 50 % über dem Verkaufspreis anderer bekannter Modelle (wie des ‚Spaten‘ und der ‚Faden‘-Modelle von Gottfried Koch sowie der ‚Bremer Lilie‘ von Hugo Leven) – das passte nicht zur Weltwirtschaftskrise, zum verlorenen 1. Weltkrieg und dem „Diktatfrieden von Versailles“. Schon nach kurzer Zeit wurde die gestalterische Idee aus Quadraten bei Löffeln und Gabeln sowie Dreiecken bei den Messergriffen überarbeitet und eine gefälligere und einfachere Version entwickelt. Aber auch die wollte nicht richtig verfangen. Hoetger fiel zudem bei den Nationalsozialisten als „entartet“ in Ungnade. Dann kam der Krieg. Danach schmolz Koch & Bergfeld die wenigen schon existierenden Hoetger-Prägewerkzeug ein, machte den Stahl zu Geld. Hoetger selbst starb schon im Jahr 1949 in schweizerischen Interlaken, wohin er aus Berlin vor den alliierten Bombenangriffen geflohen war, und geriet aus dem Blick. Aus die Maus.

Manufakturen-Blog: Bernhard Hoetgers Besteck 66400 im Katalog von Koch & Bergfeld - die Gabelrückseite zeigt schön den Umschwung nach hinten (Repro: Wigmar Bressel)

Hoetgers Besteck 66400 im Katalog von Koch & Bergfeld – die Gabelrückseite zeigt schön den Umschwung des Quadrats nach hinten

Manufakturen-Blog: Suppenschöpfer von Hoetgers Besteck 66400 im Foliant bei Koch & Bergfeld (Repro: Wigmar Bressel)

Suppenschöpfer von Hoetgers Besteck 66400 im Foliant bei Koch & Bergfeld

„Heute, bald einhundert Jahre nach seinem Entstehen, hat dieses Besteckmodell noch immer eine spannungsvolle Originalität“, schreibt Horst Heeren in seinem Buch. „Das Besteck und Silbergerät von Hoetger besticht durch großzügig angelegte ungebrochene Linien und Flächen, die dem Material Silber absolut entsprechen und ihm seine ureigene Wirkung ermöglichen.“ Die Formen von Dreieck und Quadrat seien formal überzeugend eingebunden – dabei die Anforderungen der maschinellen Serienfertigung beachtet: „Diese Synthese, in dieser Deutlichkeit und Vollkommenheit, gibt es kaum bei einem anderen mir geläufigen Besteck.“

Manufakturen-Blog: Horst Heerens Buchtitel zu 'Bernhard Hoetger' (Repro: Wigmar Bressel)

Horst Heerens Buchtitel zu ‚Bernhard Hoetger…‘

Horst Heerens Urteil darf man ruhig vertrauen – er hat sein ganzes Leben in der Silberwarenbranche gearbeitet, wurde doppelt ausgebildet als Entwurfszeichner und Silberschmied bei Koch & Bergfeld. Und als Designer hat er sein persönliches „Meisterstück“ im Jahr 1967 mit dem UEFA-Champions-League-Pokal abgeliefert.

Buch ‚Horst J. Heeren: Bernhard Hoetger Industrie-Design 1928, K & B Besteck 66400 1929, Werkverzeichnis 2018‘, 102 Seiten Farbe, viele Fotos und Repros, EUR 30,00 – zu beziehen über Koch & Bergfeld und den Autor selbst.

Repros: Wigmar Bressel

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