„Makers Market“ in Bremen – das Missverständnis mit dem Begriff „Manufaktur“

31. Oktober 2016, Bremen. Angekündigt war es als Verkaufsveranstaltung von „21 Manufakturen“ – aber dann war es doch nur ein Hobbykünstler- und Kunsthandwerkermarkt, den das sich selbst auch etwas arg großspurig nennende Ladengeschäft „NurManufaktur“ von Vanessa Just als „NurManufaktur Makers Market“ angekündigt hatte. Besucher waren da. Im zum Abriss stehenden „Lloydhof“ fanden Geschäfte statt. Manufakturen als Aussteller fehlten jedoch.

Eigentlich sollte an dieser Stelle längst eine weitere – irgendwie doch belanglose – EWE-Passage stehen, so wie in anderen Großstädten auch. Das Konzept scheint gescheitert – nun findet in dieser Gebäudehülle einer Einkaufspassage eine Zwischennutzung namens „Citylab“ statt. Leerstand nutzen für phantasievolle Projekte – das ist der bereits mehrfach praktizierte Umgang des Bremer Wirtschaftssenators mit der Realität von gescheiteren Immobilienprojekten.

Und da wäre auch eine Chance für Manufakturen und Manufakturprodukte… Na, der erste Versuch ist aus Manufakturensicht an der Konzeption beziehungsweise am mangelnden Verständnis dafür, was eigentlich eine Manufaktur ist, gescheitert – obwohl viele Besucher wegen des verkaufsoffenen Sonntags da waren und die Aussteller sich auch nicht über mangelndes Besucherinteresse beklagen.

Trotzdem waren unter all den Nicht-Manufaktur-Ausstellern auch „Trüffel“ aufzuspüren, Firmen, die vor dem Sprung in die Manufakturen-Liga stehen… Was heißt nochmal Manufaktur? Arbeitsteiliges, handwerkliches Arbeiten, natürlich mehrerer hauptberuflicher Mitarbeiter, unterschiedliche Ausbildungsgänge, serielle Fertigung – alles in Deutschland in der eigenen Produktion, selbstverständlich. So ein kleines Unternehmen in der Größe zwischen der Silberwarenmanufaktur Koch & Bergfeld (25 Mitarbeiter) und der Porzellanmanufaktur Dibbern (135 Mitarbeiter) – wohl so stellt es sich der Kunde in Deutschland vor.

Der Verband Deutsche Manufakturen definiert eine Untergrenze von fünf Mitarbeiten – denn irgendwo muss mal Schluss nach unten sein, finden die rund 30 Mitglieder. Denn Einzelkämpfer, Halbtagsenthusiasten und Kunsthandwerker sind halt etwas Anderes, als eine Manufaktur mit ihren gutausgebildeten, langjährigen Mitarbeitern, ihren Produktlinien und der seriellen Fertigung.

Aber zu den beiden „Trüffeln“: Da ist zum Einen die Goldcorn GmbH. Gründer und Geschäftsführer Thorsten Hobein produziert mit zwei Mitarbeitern in Bremen ein buchstäblich und tatsächlich ausgezeichnetes Popcorn („Chrispy PopRock Caramel“ – prämiert von den Feinkost- und Delikatessenhändlern aus Deutschland und Luxemburg, 3. Platz „Produkt des Jahres 2012“). Wer auf karamellisiertes Popcorn steht, das seriell (also nicht frisch vor den eigenen Augen, wie auf dem Jahrmarkt oder im Kino) gefertigt und akkurat in schönen schwarz-karamellenen Verpackungen im Handel angeboten wird, erreicht hier den 7. Himmel der klebrigen Dekadenz: White Chocolate, Chocolate Cookie, Caramel Almond, Caramel Peanut oder Spekulatius, Caramel Seasalt und, und, und – im Übrigen glutenfrei.

Das eine Geheimnis hinter GoldCorn ist der garantiert nicht genveränderte französische Mushroom-Mais (sieht nach dem Rösten aufgepilzst aus). Hobein: „Wir entfernen jedoch die Stiele, damit der Großteil der Hülsen ab ist.“ Das andere ‚Geheimnis‘ ist der Roh-Rohrzucker von der Insel Mauritius, der den wunderbaren süß-bitteren Caramel erzeugt.

Wenn Sie süßes Popcorn in Zimmertemperatur mögen – kaufen Sie dieses! Die Preise sind moderat für solche Delikatessen: ab ca. EUR 4,00 (110 g) im Handel oder am Messestand, portofrei ab

Werk in der 1,9-Liter-Dose ab EUR 16,00 (man klicke auf den Popcorn-Konfigurator); die Lieferung erfolgt portofrei in ganz Deutschland. Nächste Verkostungsmöglichkeit ist auf der Messe ‚Fisch & Feines‘ in Bremen vom 4. – 6. November 2016 (Messehallen).

Zweiter Glücksfall: Timo Koschnick und Hauke Eimann betreiben gemeinsam die erfolgreiche ‚Agentur für Markenkommunikation‘ mit dem küstennahen Namen Springflut GmbH. Aber sie haben noch andere Leidenschaften, sonst würden sie ja hier auch nicht erwähnt. Die Leidenschaften heißen ‚Güldenhaus‘ und ‚Oxhoft‘.

Güldenhaus ist eine im Jahr 1999 nach knapp 100 Jahren eingestellte Schnapsbrennerei aus Bremen. Die Marke wurde aufgegeben – Koschnick hat sie neu geschützt. Das Oxhoft ist ein Bremer Fass – die Größen variierten in der Geschichte seit dem Mittelalter zwischen 217 Litern und 750 Litern, sagt der bekannte Bremer Fassbauer Alfred Krogemann (Bremen treibt auch heute noch viel Handel mit Bordeaux-Weinen und kennt sich in diesem Metier aus). Nun, Koschnick und Eimann favorisieren das 217-Liter-Fass (ein etwas kleineres Barrique) und haben danach ihren Rotwein „Oxhoft 217“ benannt. Der kommt natürlich nicht aus Bremen, sondern aus dem seit längerem aufstrebenden Rheinhessen, denn da hat Hauke Eimann BWL studiert, hat zehn Meter entfernt zum Weingut Cleres in Abenheim gewohnt – der Weingutpartner.

Mit „Oxhoft“ ging es vor drei Jahren auch los – nun steht die Rotwein-Cuvee aus fünf Reben (darunter Spätburgunder, Regent und Merlot) als Edition Nummer 2 für EUR 15,00 bei den ersten Händlern, ein Sommerwein namens „Sömmertied“ aus der Weißburgunder-Rebe zum freundlichen Preis von EUR 7,00 vom selben Partner hat sich hinzugesellt.

Vermarktet wird alles unter Güldenhaus – und der Name stand natürlich für Schnaps, ob „Alter Senator“ (früher 1,2 Mio. Flaschen im Jahr) oder „Eiswett-Korn“. Aber damit hat das neue Güldenhaus von Koschnick und Eimann eher weniger zu tun. Obwohl man inzwischen den früheren Güldenhaus-Brennmeister aufgespürt hat, entsteht der neue Güldenhaus-Korn in der renommierten Dampfkornbrennerei R. Lüning (die sich derzeit zur ‚Ritterguts-Manufaktur Lüning‘ verändert) in Sulingen, die schon seit dem Jahr 1779 Korn brennt und auch früher ein Partner von Güldenhaus war. Von der eigenen Brennblase wird einstweilen nur geträumt.

Was ist das Geheimnis hinter dem neuen Korn? Hauke Eimann: „Weizen und Wasser – sonst nichts.“ Zweimal gebrannt, in die Flasche dann mit 32 % abgefüllt. Aber es gibt doch eine weitere relative Besonderheit: mindestens acht Wochen Lagerung zuvor in 150-Liter-Feinsteinzeug-Gefäßen (das machen angeblich überhaupt nur noch drei Kornbrennereien in Deutschland) – und na ja, da ist natürlich die designige neue Flasche.

Und wie schmeckt der neue Korn? Ich sage: Fein nach Weizen, wie es eigentlich immer sein sollte. Der Alkohol ist gut eingebunden und mild – also perfekt.  Alles zusammen zum Preis von EUR 14,00. Sorgfältig und fein gemacht, ist er eine wahre Ergänzung zu Wodka und Aquavit.

Zu erwarten ist, dass sich beide Projekte gut entwickeln und wachsen – und vielleicht wird man später einmal im Rückblick mit der milden Verklärung der Vergangenheit über den „Makers Market“ sagen, dass immerhin zwei Manufakturen dort ausgestellt hätten…

Fotos: Stefanie Bressel, Wigmar Bressel

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