Einträge von Martin Specht

Die Messer-Manufaktur Böker: Von der Kastanie zum Rasiermesser

Solingen. Die Geschichte der heutigen Schneidwarenmanufaktur Böker ist eng verbunden mit einer Kastanie, die irgendwann im 17. Jahrhundert auf dem Gelände einer Remscheider Werkzeugschmiede gestanden haben muss. Jedenfalls ließ sich die Familie Böker im Jahr 1674 ein Wappen mit dem Baum und einem darunter fließenden Fluss als Hausmarke für die von ihr hergestellten Werkzeuge eintragen. Im Sommer 2020 fällt mein Blick auf die stilisierte Kastanie im Firmenlogo der Heinrich Böker Baumwerk GmbH, während ich vom Parkplatz zum modernen Firmengebäude in Solingen gehe. Mit mehreren Metern Durchmesser prangt die Darstellung an der Außenfassade.

Wigmar Bressel: „Manufakturen spielen eine wirtschaftskulturelle Rolle“

Bremen. Es ist Anfang Dezember 2020. Wigmar Bressel wartet auf die Abholung eines Dutzend Kartons mit Dokumenten. Zehn Jahre lang – seit Juni 2010 bis Oktober 2020 – war der Bremer Unternehmer Vorsitzender des Verbandes Deutsche Manufakturen e. V. In dieser Zeit diente ihm sein Büro in den Räumen der Firma Koch & Bergfeld auch als Geschäftsstelle. Jetzt erfolgt die Übergabe an Bressels Nachfolgerin. Die Unterlagen der vergangenen zehn Jahre hat der scheidende Vorsitzende bereits gesichtet, nun ist alles verpackt und soll auf den Weg zu ihr… Ein Interview von Martin Specht

¡Machete! für die Welt – eine Solinger Vergangenheit in Kolumbien

Manizales. Es kann vorkommen, dass man mitten im Dschungel im Amazonasgebiet auf die Stadt Solingen stößt. Natürlich nicht sprichwörtlich, aber zumindest der Name taucht unerwartet auf. Geschrieben auf die Klinge einer Machete, mit der eben noch der Besitzer auf Lianen und Unterholz eingehauen hat, steht dort: „Gebr. Weyersberg, Solingen“. Aha, interessant, denkt der Betrachter. ‚Gebr. Weyersberg, Solingen‘ findet sich aber nicht nur auf einer einzelnen Machete, von der man denken könnte, dass es sie vielleicht per Zufall aus der Klingenstadt auf den südamerikanischen Kontinent verschlagen hat, sondern auf Hunderten, Tausenden, die man in der Region in jedwedem Zustand der Abnutzung zu Gesicht bekommt. Ist Solingen auch die Macheten-Stadt? Nein, man hätte davon gehört… Neben dem Solinger Namenszug befindet sich auch der Hinweis „Hecho en Colombia“, – hergestellt in Kolumbien. Also doch kein eindeutig Solingen zuzuordnendes Produkt. Aber wie kommt der Name der bergischen Klingenstadt und der einer Solinger Familie auf ein in ganz Süd- und Mittelamerika verbreitetes Produkt? Allzumal Macheten nicht zu den in Europa gebräuchlichen Schneidwerkzeugen gehören. Die Geschichte ist interessant. Javier Henao, Exportchef der im kolumbianischen Manizales ansässigen Firma INCOLMA erzählt sie gern.

Benedikt Poschinger: „Jeder muss zu seiner Zeit das Richtige tun, damit er das Unternehmen erhält“

Frauenau. „Seit 1568“, sagt Benedikt Freiherr Poschinger von Frauenau, „gibt es die Glashütte in Frauenau.“ Seitdem ist sie im Besitz der Familie von Poschinger. Als die Poschingers mit der Herstellung von eigenem Glas im Bayerischen Wald begannen, waren gerade einmal 76 Jahre vergangen, seit Christoph Kolumbus den amerikanischen Kontinent entdeckt hatte. Im Jahr 1568 floh Maria Stuart aus einem schottischen Gefängnis, die Konquistadoren suchten nach El Dorado, Katharina von Medici versuchte in Frankreich die Hugenottenkriege zu beenden und es sollten noch mehr als 200 Jahre vergehen, bis der Seefahrer James Cook Australien entdeckte. Falls damals in einem der in Frauenau hergestellten Gläser versehentlich eine Luftblase eingeschlossen wurde – dies gilt als Fehler in der Glasherstellung – hätte sie sich in den vergangenen 450 Jahren möglicherweise ein kaum wahrnehmbares Stück bewegt. Glas soll sich im Laufe der Zeit verändern.

„Noch besser als ein schönes Hemd, ist ein schönes Hemd, das passt“ – zu Besuch in der Hemdenmanufaktur Campe & Ohff

Lauterbach. Allein das Wort ist etwas Besonderes. Haifisch-Kragen. Ein Hemdkragen. Das Merkmal des Haifisch-Kragens ist, dass die beiden Kragenspitzen sehr weit auseinander liegen, gewissermaßen nach außen streben. Einen breiten Krawattenkonten mit Volumen bringt das exzellent zur Geltung. Wer genau sich, vor mehr als einhundert Jahren, die Bezeichnung ausgedacht hat, ist nicht zuverlässig überliefert. Jedenfalls ist diese spezielle Kragenform im Englischen – weit weniger bildhaft – auch als Cut-Away-Kragen bekannt. Eine Theorie über den Ursprung des ungewöhnlichen Namens besagt, dass der Raum zwischen den Kragenspitzen – einem gleichschenkligen Dreieck ähnlich – an den Umriss eines Haifisch-Gebisses erinnere. Darum: Haifisch-Kragen.